Im Rahmen der Jahrestagung der Gesellschaft für Musikforschung 2010 in Rom fand ein Round Table der ViFaMusik unter dem Motto „Digitale Musikforschung – Musikforschung digital“ statt. Ziel der Veranstaltung war es, zum einen die Inhalte und Ziele der 2010 begonnenen zweiten Förderphase vorzustellen und zum anderen, ausgehend davon, auf dem Podium und mit dem Publikum allgemeinere Fragen der Musikforschung im digitalen Zeitalter zu diskutieren.
Die am weitesten greifende Frage war wohl, was unter einer „perfekte Datenbank“ zu verstehen sei und inwiefern Vollständigkeit angestrebt werden könne oder überhaupt solle. Aufbauend darauf interessierte, wer den Inhalt einer ViFa definiert, über die Aufnahme von Datenquellen entscheidet und Grenzen zieht. Die Redebeiträge spiegelten relativ unterschiedliche Ansichten darüber, was eine ViFa anbieten sollte, nämlich auf der einen Seite „alles“ und auf der anderen das, was als „Kerngeschäft“ bezeichnet wurde (Bücher, Noten, Archivmaterial). Über die Frage, an wen sich eine ViFa richte, herrschte im Publikum zunächst ebenfalls Uneinigkeit, jedoch wurde der Konsens erreicht, dass sich die ViFaMusik nicht ausschließlich an der musikwissenschaftliche Fachcommunity orientieren, sondern auch für Zielgruppen wie musikinteressierte Laien, Schüler oder Musikjournalisten interessant sein solle. Außerdem wurde angeregt, die Inhalte internationaler zu gestalten.
Konstruktive und bereits im Zuge des bevorstehenden Relaunch direkt umsetzbare Kritik bezog sich größtenteils auf die Benutzerführung in der ViFaMusik-Metasuche und auf den generellen Aufbau der Seiten. Des Weiteren wurde gefordert, das angebotene Material detaillierter zu kommentieren und den Benutzer somit besser an die Hand zu nehmen, was eindeutig einen Mehrwert darstellen würde. Als Beispiel wurden hier die von der ViFaMusik zur Verfügung gestellten alten, inzwischen gemeinfrei gewordenen Gesamtausgaben genannt, die ohne entsprechende Erläuterung die Illusion hervorrufen könnten, es handle sich um den aktuellen Stand der Forschung. Auch müsse deutlich werden, dass das Angebot der ViFaMusik einen Ausschnitt darstellt und nicht die Gesamtheit aller digitalen Musikforschung umfasst. In diesem Zusammenhang wurde auch auf die Pflicht der ViFaMusik hingewiesen, von ihren Kooperationspartnern hohe wissenschaftliche – inhaltliche wie methodische – Standards einzufordern.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wissenschaftliches Arbeiten inzwischen unter veränderten Vorzeichen stattfindet. Daher sei, wie in einigen Redebeiträgen betont wurde, eine neue Bewusstseinsbildung vonnöten, damit eine sinnvolle und wissenschaftliche Nutzung digitaler Medien gewährleistet werden könne. Dies beträfe vor allem die universitäre Lehre, wo den Studierenden von Anfang an ein bewusster Umgang mit digitalen Angeboten vermittelt werden müsse. Gerade anhand der ViFaMusik könnten solche Fähigkeiten und Methoden eingeübt werden.
Die Veranstaltung endete mit dem Aufruf, mit der ViFaMusik in Kontakt zu treten, Kritik zu äußern, neue Datenquellen zur Aufnahme vorzuschlagen oder Kooperationen anzubieten.
Teilnehmer/innen des Round Table waren Prof. Dr. Wolfgang Auhagen (GfM), Jürgen Diet (BSB München), Klaus Keil (RISM-Zentralredaktion Frankfurt/Main), Dr. Christine Martin (Neue Schubert-Ausgabe Tübingen), Carsten Schmidt (SIM Berlin), Dr. des. Gunnar Wiegand (FG Nachwuchsperspektiven), die Moderation übernahm Dr. Judith Haug (GfM).
Die ViFaMusik-Redaktion